Donnerstag, 16. Oktober 2014

Tana, den 16.10.14

Wir sind zurück! Gesund, munter und dankbar zurück.

Den Weg von Tana nach Andasibe, wo wir das erste Mal übernachten wollten, kannten wir bereits. Was wir aber nicht kannten, war ihn den letzten Teil in der Dunkelheit zu fahren...
Die Madagassen sind sich gewohnt in der Nacht zu wandern, sie brauchen dafür kein Licht. So fuhren wir die letzte Strecke an vielen Menschen vorbei, welche auf dem Heimweg waren. Wir sahen ab und zu ein Feuerchen in einer Hütte oder am Strassenrand brennen und hie und da sogar eine elektrische Lampe vor einem Laden.
Ich war dankbar, dass unser Chauffeur die Löcher in der Strasse sah...
Um Punkt 19:00 waren wir in Andasibe. Unser Hotel liegt ca. ein km weg von der Hauptstrasse mitten im Regenwald. Wenn schon die Hauptstrasse, welche geteert ist, ein Abenteuer war, wie erst eine Urwaldpiste in der Finsternis!

Am Morgen weckten uns ein vielstimmiges Vogelgezwitscher und die Rufe der Indris. Es war wohltuend! Das Frühstück durften wir im Freien bei Sonnenschein, Vogelrufen und Lemurengeschrei einnehmen. Es schmeckte  herrlich. Später stellte sich heraus, dass die Besitzerin des Hotels gläubige Christin ist und der Name des Hotels nicht umsonst "Grace Lodge" heisst.

Die Fahrt von Andasibe nach Tamatave war lang. Schlicht lang.Immer wieder neue Kurven, neue Berge, später Hügel, neue Geraden, neue Dörfer, neue Hütten, neue Pässe. Viele, viele Pässe.
Ich erwartete, dass wir irgendwann den Ozean sehen würden.
Das war aber nicht der Fall.
Als wir in Tamatave ankamen, der grössten Hafenstadt Madas, war es ähnlich wie in anderen Städten: Viele Menschen, extremes Gedränge auf der Strasse und bei den Verkaufsbuden, viele Rickschas, viel Verkehr.
Aber kein Meer.
Auch den Hafen sahen wir nicht.
Erst auf der Weiterfahrt Richtung Foulpointe sahen wir ihn das erste Mal: Den Indischen Ozean.
Seta (unser Fahrer) hielt an und ich rannte zum Wasser hinunter.
Das Wasser des Indischen Ozeans umspülte meine Füsse...
Am 10.10.14 um 13:00...

Wir hatten seit dem Zmorge nichts mehr gegessen ausser ein paar Bananen vom Strassenrand und etwas geklauter Zimtrinde :), darum waren wir sehr hungrig, als wir im Manda Beach Hotel ankamen.
Viele Bungalows, ein grosser Esssaal, ein kleiner Pool und davor der riesige Sandstrand und das Meer. Gleich nach dem Zmittag zogen wir uns um und liefen an`s Meer. Wir wateten durch`s Wasser, suchten Muscheln und wehrten uns gegen aufdringliche Einheimische, welche ihr grosses Geld mit uns machen wollten.
Weit draussen im Meer, ich schätze ein km, liegt ein Riff, woran sich donnernd die Wellen des Ozeans brechen. Zwischen dem Riff und dem Strand liegt eine grosse, haifisch- und quallensichere Zone. Hier kann man gefahrlos schwimmen und spielen.
Als es dämmerte holten wir die mitgebrachte Ananas aus unserem Zimmer und genossen sie am Strand. Das war unser Znacht.

Am anderen Morgen gingen wir, wie abgemacht, mit Seta an den Strand. Wir hatten uns mit einem Pirogue-Kapitän zu einer Fahrt verabredet. Eine Pirogue ist ein Boot, welches Bauern auf dem Land aus einem dicken Baumstamm herstellen. Es ist lang, schmal und bietet für vier Personen Platz.
Es war Ebbe.
Ebenfalls ein neues Erlebnis für Naphtali und mich. Weite Teile des Sandstrandes waren freigelegt und man sah den Sand. Unser Kapitän wusste aber wo er mit der Pirogue fahren konnte. Er führte uns an Stellen heran, wo es viele Seeigel gibt. Faustgrosse Stachelbälle; das Weibchen lilafarben, das Männchen dunkelviolett. Wir durften sie auf die Hand nehmen. Sie waren zwar stachelig, taten aber nicht weh. Und sie bewegten sich vorwärts!
Nachher zerstampfte sie unser Führer und wir durften die Teile unter Wasser den Fischen hinhalten, welche sie uns aus der Hand frassen. Das war niedlich!
Er fand auch Seeschlangen. Schwabbelige, unansehnliche Viecher. Wäh!
An einer anderen Stelle fischte er uns einen Seestern heraus, der wie ein Klumpen oder ein Stein geformt war. Und oben drauf ein fünfzackiger Stern. Seltsam...
Und dann brachte unser Kapitän uns ein weiterer Seestern in`s Boot. Dieser war ganz schwarz, hatte lange Beine und bewegte sich wie eine Schlange über unsere Hände. Das war lustig! Ich wusste gar nicht, dass es so unterschiedliche Arten von Seesternen gibt.
Dann brachte "unser Mann" noch einen bedrohlich grossen Seeigel aus dem Wasser. Etwa 20, 25cm lange Stacheln, königsblaue, stechende Augen. Ein Monster! Unser Kapitän hatte ihn auf seinem Paddel herausgeholt, um ihn nicht berühren zu müssen, da er hochgiftig ist.
Naphtali durfte noch eine Zeitlang einen kleinen, schwarzweissen Clownfisch hüten, den der Mann für ihn gefangen hatte. Er wurde in der Plasticflasche aufbewahrt, welche Naphtali von Zeit zu Zeit brauchte, um Wasser aus der Pirogue zu schöpfen.
Nach anderthalb Stunden waren wir wieder an Land. Unterdessen war es 9:30 und die Ebbe hatte ganze Arbeit geleistet. Schwimmen und Baden war unmöglich.
Darum zogen wir uns um und genossen den Pool beim Restaurant.
Den Nachmittag verbrachten wir mit Baden im Meer (die Flut hatte das Wasser bereits kurz vor Mittag zurückgebracht), Baden im Pool, Ping-Pong- und Tschüttelikastenspielen und beim Phötele.
Es wäre alles sehr gemütlich gewesen, wenn uns die einheimischen "Geier" nicht andauernd bedrängt hätten. Was die uns alles verkaufen wollten:
- eine Massage
- Piroguefahrten
- gekochte oder gebackene Spezialitäten
- Muscheln, mit oder ohne Tier
- Haifischzähne
- Halsketten
- Fahrten zu Wasserfällen, Vanilleplantagen oder nach St. Marie
- etc, etc.

Hotels in Madagascar
Das Manda Beach sah nach aussen hin gediegen aus. Auch gastierten hier reiche Franzosen mit ihren Mätressen oder madagassischen Frauen. Die Preise waren diesen Europäern angepasst.
Die Realität ist alles andere als gediegen:
- dünne, schlechte Matratzen liegen auf einem Brett
- die Tücher sind fleckig und zerschlissen,
- der Duschschlauch kaputt
- falls Wasser herauskommt, dann entweder nur glühend heisses oder kaltes,
- im WC erwartete uns nach jeder Spülung wieder das Klowasser von irgendwann und irgendwem...
- es stinkt
- der Ventilator bringt die schlechte, schwüle Luft in Bewegung, frische schafft er keine heran
- das WC kann auch gar nicht funktionieren
Das ist madagassische Realität...
Wenn ich aber mit den Einheimischen vergeiche, welche gar kein Klo, kein fliessendes Wasser, keinen Strom und schon gar keine Matratzen haben, welche in einer Hütte schlafen, die in unseren Breitengraden als Schrebergartenhäuschen dienen würde... und das nicht zu zweit, sondern mit der ganzen, grossen Familie... auf einer geflochtenen Matte aus Bambus...
Ja, dann werde ich wieder dankbar.
Dankbar dafür, dass ich alles habe, was ich brauche. Dass ich sogar reisen kann (wo ja unsere Wärter noch nie aus Tana herausgekommen sind), dass wir hier in einem Haus wohnen dürfen mit fliessendem Wasser und Strom (jedenfalls meistens :)

Am Sonntag reisten wir zurück nach Tamatave. Auf dem Weg verabschiedeten wir uns vom Indischen Ozean und hielten noch an einer Stelle, wo Frauen ihre geflochtenen Waren verkaufen.
Ein paar Mal hatte es seltsame Häuser am Strassenrand. Das seien Friedhöfe, sagte Seta. Früher habe man die Toten in eine Pirogue gelegt, eine zweite Pirogue darübergelegt und sie so in diesen luftigen Häusern aufbewahrt. Da es aber immer wieder Grabschändungen gab, habe man die Leichname später (und heute) einbetoniert. Ebenfalls in diesen Häusern.
Photos machen verboten.
Als wir später in unserem Hotel gleich beim Pool Zmittag assen, bestaunten wir mehrmals von weitem die Frachter, welche ein- oder ausliefen. Eindrücklich, diese Riesenschiffe voller Container!

Und dann sahen wir Wale!!!!!!!!!!!!!!!!
Weit draussen im Meer war zuerst einer, dann etwa drei Tiere, welche sich wie Wale fortbewegten. Es konnte nichts anderes als Wale gewesen sein.
Der Receptionist meinte, er habe schon Jahre keine mehr gesehen, aber es gäbe schon ab und zu Wale hier.
Nach vielem Baden, Spielen und Entdeckungen machen, wollten wir nach dem Znacht nochmals an`s Meer. Hier gibt es kein Riff und die Wellen donnern direkt auf den Sandstrand zu. Eindrücklich!
Leider war es aber zu dunkel. Dafür sahen wir Glühwürmchen!!
Für Naphtali war es das erste Mal und er freute sich riesig!!

Am anderen Morgen mussten wir uns zuerst den Weg durch das Stadtgewühl bahnen, bis es zurück in`s Hinterland von Tama und langsam, Stunde um Stunde zurück in die Berge ging. Von Null M.ü.M. auf 1600 M.ü.M.
Unterwegs erstanden wir Zimtrinde (diesmal klauten wir sie nicht :), Gewürznelken und Ingwerwurzeln. Nach fünf Stunden waren wir in Andasibe, nach weiteren dreieinhalb Stunden zuhause. 850km in viereinhalb Tagen. Über unzählbare Löcher, unendlich viele Pässe und durch zahlreiche Dörfer.
Als wir zuhause ankamen vollführte Rusty (unser Hund) einen Freudentanz. Sie raste vom Wärterhäuschen zum Tor und im grossen Bogen wieder zurück. Viermal, und dann sprang sie an mir hoch und war einfach nur glücklich, dass wir wieder da waren.
Katzen begrüssen, auspacken, Ware versorgen, Waschmaschine füllen, Znacht essen, Mails lesen, duschen und SCHLAFEN...

Aus dem sommerlichheissen Tana senden Euch allen herzliche Grüsse,
Claudia und Naphtali


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen